Hagebutten – die potenten Früchte der Rose

Hagebuttenmark ist Genuss- und Naturheilmittel zugleich

Hagebutte1 (pixabay)(efp).- Wer im Fränkischen aufwächst, lernt das Wort „Hagebutte“ oft erst in der Schule. Zu Hause heißt sie „Hiffe“, so wie der Karneval „Fasching“ heißt, wenn die Hiffenmarkfüllung jeden echten fränkischen Krapfen zum Gaumenschmaus macht. Dessen Herstellung ist allerdings wieder eher eine schwäbische Spezialität. Berühmt ist etwa das „Hägenmark“ aus kleinen Familienbetrieben in Auendorf bei Bad Ditzenbach. Besucher können sich sogar auf einem Hägenmark-Pfad auf einer Wacholder-Heide den naturkundlichen, gesundheitlichen und mythologischen Aspekten der Wildrose widmen.

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100-mal mehr Vitamin C a­ls die Zitrone

Die Geschichte der Hagebutte – sie ist übrigens das „Männlein“, das im Walde steht – verliert sich in der Frühzeit der deutschen Sprache. Den ersten Teil des Wortes kann man noch erschließen. Er kommt von „Hag“, einem alten Wort für Dornstrauch oder Umzäunung, das sich bis in die Keltenzeit zurückverfolgen lässt. Über Butte weiß man nichts Genaues, vermutlich stammt das Wort von „Butz“ ab, einem Wort für etwas dickes, Plumpes. Die Heckenrose ist so weit verbreitet, dass man ihr den lateinischen Namen Rosa Canina gab, was so viel heißt wie „hundsbekannte Rose“.

Im Steinzeit-Experiment der ARD ging man davon aus, dass die Hagebutte bereits zur Küchenausstattung der Steinzeitmenschen gehörte. Denn ihr Vitamin-C-Gehalt übersteigt den von Südfrüchten um ein Vielfaches. Zum Vergleich: Je nach Rosenart und Reifegrad enthalten Hagebutten zwischen 400 und 5.000 mg Vitamin C (pro 100 Gramm), Zitronen bringen es auf rund 50 mg. Und einen weiteren Vorteil hatte die Hagebutte für die frühen Menschen: Sie ließ sich den ganzen Winter über ernten und roh vom Strauch verzehren, sobald man die Kerne und Härchen entfernt hatte.

Hagebutten sind winzige Schatztruhen der Natur

Ohnehin sollte Hagebuttenmark in keinem Haushalt fehlen. Ein Esslöffel täglich ist leckere Gesundheitsvorsorge und soll Kindern zu mehr Appetit verhelfen. Ein Esslöffel Hagebuttenmus deckt den Vitamin-C-Bedarf eines Erwachsenen. Hagebutten sind winzige Schatztruhen der Natur: Über das Vitamin C hinaus sind sie reich an Vitamin B 1 und B 2, Provitamin A sowie den Mineralstoffen Eisen, Magnesium, Natrium, Phosphor, an Ballaststoffen (Pektin), Gerbstoffen und ätherischen Ölen. Schon die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen beschrieb die süß-säuerlichen Früchte, die man im Mittelalter in Klostergärten anbaute. Der Tee aus den Hagebuttenschalen wurde damals bei Fieber und Infektionen verabreicht. Der Aufguss aus den Hagebuttenkernen ist als Naturheilmittel gegen Steinleiden, Harnwegserkrankungen und Rheuma bekannt. Jüngeren Datums ist die Erkenntnis, dass Hagebutten den roten Pflanzenfarbstoff Lycopin, der als Radikalenfänger (Antioxidans) wirkt, in hoher Konzentration enthalten. Und erst 2004 erkannte eine Forschergruppe rund um Prof. Dr. Kharazmi an der Universität Kopenhagen die Wirksamkeit von standardisiertem Hagebuttenpulver gegen Schmerzen bei Gelenksarthrosen. Der Inhaltsstoff Galaktolipid, kurz GOPO, der vor allem in den Kernen der Hagebutte vorkommt, hemmt die Einwanderung von großen Mengen an Leukozyten in das Entzündungsgebiet. Auf diese Weise schwächt GOPO die Entzündungsreaktion in den Gelenken deutlich ab und verbessert die Beweglichkeit erheblich, wie eine placebokontrollierte cross-over-Studie belegte. Ein Jahr zuvor hatte standardisiertes Hagebuttenpulver (vier Monate lang zweimal täglich 2,5 g) die Beweglichkeit von Hüftgelenk und Knie erheblich verbessern und die Schmerzen um 64 Prozent reduzieren können – mit einem Langzeiteffekt weit über die Studiendauer hinaus.

Hagebutte3 (pixabay)Überhaupt scheint der Hagebuttenfrucht eine schmerzlindernde Wirkung innezuwohnen, die sich aber erst nach 12 bis 16 Wochen zu entfalten beginnt. An der Universität Freiburg wird deshalb zu Hagebutte als Schmerzmittel bei chronischen Rückenschmerzen geforscht. Als vermutlich wirksame Dosis erhalten die Patienten 3 mg Galaktolipid pro Tag, was in etwa 10 g Hagebuttenpulver entspricht.

Hagebutten: fein für die raffinierte Küche

Doch Hagebuttenmark sollte nicht auf seine Rolle als Heilmittel reduziert werden. Es ist ein köstlicher Brotaufstrich, schmeckt exzellent in Jogurt oder Müsli gerührt und passt in Form von pikanten und süßen Saucen zu Fleisch- und Schmorgerichten, Wild, Gebäck und Nachspeisen. Auch zu Chutneys, Konfitüren oder Likören verarbeitet, schmeckt das Wildobst hervorragend und eignet sich zum Abrunden raffinierter Füllungen.

Frische Hagebutten kann man ab September am Wegesrand selbst ernten. Sie sind reif, wenn die Schale auf leichten Fingerdruck etwas nachgibt und sich die Früchte leicht pflücken lassen. Spät gepflückte Früchte sind am süßesten. Bleiben die Früchte den Winter über am Strauch, kann man sie auch noch im Frühling verwenden. Die Verarbeitung der roten Ovale ist allerdings aufwendig. Denn nicht nur Blütenansatz und Stiel sind zu entfernen, sondern auch die im Inneren der Fruchtkapsel sitzenden Samen (Nüsschen) mit ihren Härchen. Deren Widerhaken reizen nämlich Haut und Schleimhäute, so dass Kinder sie seit Urzeiten als „Juckpulver“ verwenden. Am besten trägt man zur „Entschärfung“ der Hagebutten Küchenhandschuhe. Wer nicht „pulen“ möchte, kann die Früchte mit wenig Wasser weich garen und das Mus durch ein Passiersieb mit sehr feiner Lochung streichen.

Der Klassiker: Hagebutten-Konfitüre

Spätestens im Rentenalter sollte man sich dieses Klassikers annehmen, der viel Arbeit macht, aber auch ein kostbares Mitbringsel ist für alle, die es zu schätzen wissen. Beste Sammelzeit ist Oktober bis November, wenn die Früchte voll ausgereift, aber noch nicht hart geworden sind. Als Grundzutaten verwendet man 500 Gramm entkernte Hagebutten, mindestens 425 Gramm Zucker sowie 250 ml Rotwein (natürlich geht auch Wasser). Man entfernt Blütenansatz und Stiel der Hagebutten, halbiert und entkernt sie. Dann kommen die Hagebutten in eine große Pfanne. Mit der Flüssigkeit übergossen, ziehen sie abgedeckt über Nacht. Am nächsten Tag kocht man sie weich und streicht sie durch die flotte Lotte, gibt den Zucker zu, kocht sie unter ständigem Rühren etwa 10 Minuten auf und füllt sie siedend in saubere Gläser, die man sofort verschließt. Wer das Mus fester haben oder weniger Zucker verwenden möchte, nimmt statt Zucker Gelierzucker.

Hagebutte2 (pixabay)Hagebutten-Tee

Hagebuttentee behält seinen vollen Vitamingehalt über mehrere Stunden. Er kann als heißer Tee, aber auch als Erfrischungsgetränk genutzt werden. So bereiten Sie ihn zu:

– 2 TL zerkleinerte Hagebutten (pro Viertelliter) mit kaltem Wasser übergießen

– aufkochen und 10 Minuten köcheln lassen.

Nicht ganz so effektiv ist es, die zerkleinerten Hagebutten mit siedendem Wasser zu übergießen und 15 Minuten ziehen zu lassen.


Besonders wirkungsvoll bei Erkältungen ist nach unserer Erfahrung die Kombination von Hagebutte mit Lindenblüten. Dazu mischen Sie 25 g Hagebutten mit 25 g Lindenblüten (viel größere Menge). Dann

– 2 gehäufte TL der Mischung (pro Viertelliter) mit kaltem Wasser übergießen

– aufkochen und 5 Minuten köcheln lassen.

Eventuell mit 1 TL Zitronensaft pro Tasse und mit Honig gesüßt 3 Tassen täglich warm trinken.

 

Quellen: aid; Apotheker M.Pahlow, Das große Buch der Heilpflanzen; Dr. med. Ernst Schneider, Nutze die Heilkraft unserer Nahrung; Grimm, Deutsches Wörterbuch; heilkraeuter.de; Österreichische Apothekerzeitung; pharmazeutische-zeitung.de; swp.de; SWR; wikipedia; yamedo.de



Maria Ghoebel befasst sich seit vier Jahrzehnten mit Ernährungs- und Gesundheitsthemen. Sie lebt zurückgezogen in der Eifel und pflegt einen meditativen Lebensstil.


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