Bittere Aprikosenkerne: besser Hände weg

Maximal zwei pro Tag

(efp). Bittere Aprikosenkerne sind ein Mittel, zu dem in dubiosen Krebstherapien gelegentlich geraten wird. Ein bekanntes Internetportal, das die Kerne verkauft, leitet einen Infotext folgendermaßen ein: „Paul Reid bekam die Nachricht, er habe einen unheilbaren Lymphdrüsenkrebs und noch etwa fünf Jahre zu leben. Paul Reid war bereit zu kämpfen. Die Waffen seiner Wahl: Bittere Aprikosenkerne. Er lehnte eine Chemotherapie ab, aß dreißig Aprikosenkerne (das Innere des Kerns) pro Tag und lebt heute – dreizehn Jahre nach seiner Diagnose – immer noch, und zwar gesund und munter.“

Amygdalin: Gefahr oder Angstmache?

Zwar wird im Text darauf hingewiesen, dass ” dass an jeder Ecke vor dem Verzehr dieser Kerne gewarnt wird“, da sie Amygdalin enthalten, aus dem in unserem Körper Blausäure entsteht; gleichzeitig heißt es, manche Menschen äßen „gezielt und regelmäßig bittere Aprikosenkerne in größeren Mengen“, ließen sich also von der üblichen Angstmache nicht abhalten. In einem Naturkostshop wird Amygdalin gar in die Nähe von hilfreichen Vitaminen gerückt, die man bekanntlich ja auch überdosieren kann: „Aufgrund Ihres hohen Gehalts an Amygdalin, einem Glykosid, welches auch B17 oder Laetrile genannt wird, sollten bittere Aprikosenkerne in Maßen verzehrt werden, um Vergiftungserscheinungen zu vermeiden.“

Bei zu viel Amygdalin drohen schwere Vergiftungen

Tatsächlich gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis für die krebshemmende Wirkung von Amygdalin. Das allein bedeutet andererseits nicht, dass so ein Effekt nicht auftreten kann. Das gilt letztlich für jedes Mittel, das sich Patienten in ihrer Todesangst (auch im schulmedizinischen Bereich) aufschwatzen lassen. Vielleicht hilft es in diesem besonderen Fall ja. Bittere Aprikosenkerne müssen es aber wirklich nicht sein, es gibt weit Ungefährlicheres.

Erst kürzlich wies das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) darauf hin, dass „durch den Verzehr von bitteren Aprikosenkernen zu schweren Vergiftungen kommen [kann], die bei größeren Mengen tödlich verlaufen können“. Allerdings könne der erwachsene Körper geringe Mengen des Giftes abwehren, so dass das BfR für Erwachsene eine Tageshöchstdosis von 2 Bitteraprikosenkernen angibt; Kinder sollten generell darauf verzichten.

Alles andere als harmlos

Man darf sich also nicht von dem Anschein der Verträglichkeit täuschen lassen. Wer zwei oder gar drei bittere Aprikosenkerne für eine Eigenbehandlung wegsteckt, kann bei der doppelten Portion möglicherweise schon im Krankenhaus landen. Die Symptome einer Amygdalin-Vergiftung wünscht sich niemand. Das BfR: „Krämpfe, Erbrechen und Atemnot bis zur – tödlichen – Atemlähmung. Die tödliche Dosis beim Menschen liegt bei etwa 0,5 – 3,5 mg/kg Körpergewicht.“

Quellen: Gute Pillen – schlechte Pillen; BfR; keimling.de; zentrum-der-gesundheit.de;


Bobby Langer hat viele Jahre lang als freier Journalist und im PR-Geschäft gearbeitet. Seine Spezialität ist das sorgfältige Zuhören und die verständliche Formulierung auch schwieriger Sachverhalte. Bei ecoFAIRpr hat er zurzeit die Redaktionsleitung.


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