Brauchen wir Fleisch als Vitalstoffquelle?
(efp). Wurst und rotes Fleisch sind auf den Hund gekommen. Da ist der Katzenjammer in der Fleischbranche groß: Nähert sich doch das Image ihrer Hauptprodukte dem von Zigaretten an. Und wer würde sich die auf den Teller legen.
Was ist geschehen? Die Weltgesundheitsorganisation hatte verlautbaren lassen, verarbeitetes Fleisch, also die gute deutsche Wurst, aber auch Schinken, seien definitiv krebserregend, rotes Fleisch (Schwein, Rind, Kalb, Pferd, Ziege, Schaf) wahrscheinlich auch. Bei Verbrauchern müsste das keinen Alarm auslösen, sondern eher Dankbarkeit für die klare Information. Wäre da nicht der Suchtcharakter der Wurst, der sich im Umfeld jeder Würstchenbude eindrucksvoll dokumentieren ließe. Und wären da nicht die protektiven Lobbyverlautbarungen von Metzger&Co, Fleisch sei ein Stück Lebenskraft. Die Deutschen glauben es treubrav, bei 85 Prozent von uns kommen Fleisch und/oder Wurst täglich auf den Tisch. Doch was ist dran? Brauchen wir Fleisch jenseits der persönlichen Lustbefriedigung?
Welcher Nährwert wird behauptet? Fleisch, so lautet das Hauptargument, sei eine unverzichtbare Quelle von Eisen und Vitamin B12. Schauen wir uns also einmal die Lebensmittel im Vergleich an. Beginnen wir mit
Eisen
Erwachsene Männer brauchen ca. 10 mg Eisen täglich, Frauen ca. 15 mg (Schwangere 30 mg). Kinder je nach Alter 8 bis 15 mg.
FLEISCH
Schwein:
Schweinefilet enthält 3 mg Eisen/100g, Schweinekamm 2,2 mg, Schweineschnitzel 2,3 mg.
Rind:
Rinderfilet enthält 2,3 mg Eisen/100g, Rinderlende 2,5 mg, Rinderkeule 2,6 mg.
Geflügel:
Brathähnchen-Keule enthält 2 mg Eisen/100g, Ente 2,1 mg.
OBST
Erdbeeren enthalten 1,9 mg Eisen/100g, Johannisbeeren 1,3 mg
GEMÜSE
Gemüsefenchel enthält 2,7 mg Eisen/100g, Grünkohl 1,9 mg, Gurken und Mangold 2,7 mg, Karotten 2,1mg, Spinat 4,1 mg, Zucchini 1,5 mg.
HÜLSENFRÜCHTE
Weiße Bohnen enthalten 6,1 mg Eisen/100g, Kichererbsten 6,9 mg, Linsen 7,5 mg
GETREIDE
Dinkel enthält 4,4 mg Eisen/100g, Hirse 9 mg, Vollkorn-Haferflocken enthalten 5,2 mg Eisen/100g, Vollkornnudeln 3,8mg.
Vitamin B12
bzw. Cobalamin kommt fast (!) ausschließlich in tierischen Nahrungsmitteln vor, ist also nicht auf Fleisch beschränkt. Je nach Expertenmeinung haben wir einen Tagesbedarf von 1 bis 5 Mikrogramm. Zum Vergleich:
FLEISCH
Rindfleisch mager enthält 5 µg (Mikrogramm) B12/100g, Kalbfleisch mager 2 µg, Schweineschnitzel 2,1 µg, Bratwurst 1,3 µg, Entenbrust 3 µg.
FISCH
Makrele enthält 9 µg/100g, Hering 8,5 µg, Rotbarsch 3,8 µg, Lachs 2,9 µg.
EI
Hühnerei enthält 1,8 µg/100g
MILCHPRODUKTE
Camembert und Emmentaler enthalten 3 µg/100 g, Edamer 2 µg, Gouda 1,9 µg, Quark 0,9 µg, Kuhmilch 0,4 µg.
PFLANZLICH
Chlorella-Algen enthalten in manchen Untersuchungen bis zu 80 µg/100 g. Andere relevante B12-Quellen sind Brottrunk und lang gesäuertes Sauerkraut. Hier wird es aber nicht von den Pflanzen selbst hergestellt, sondern von Milchsäurebakterien. Eine pflanzlich-tierische Besonderheit ist Sanddorn. In seinen Samenschalen stellt der Mikroorganismus Actinomyces so große B12-Mengen her, wie sie sonst nur in Fleisch vorkommen.
HINWEIS
Das in vielen gängigen Nahrungsergänzungsmitteln enthaltene, synthetisch erzeugte Vitamin B12 hat nach nahezu einhelliger Expertenmeinung keine Vitaminwirksamkeit. Aber es gibt auch einige hochwertige Präparate, die natürliche – und somit im menschlichen Körper wirksame – B12-Quellen in hoher Dosierung beinhalten. Beispielsweise “Vitamin-B-Komplex” von St. Helia, “Bio-Spirulina-Tabletten” von Terra Elements oder “Vitamin B 12 sublingual” von Biotikon. Und es gibt sogar Zahnpasten, die helfen können, den täglichen Bedarf zu decken, wie “Dental med Zahncreme Vitamin B 12” von Sante.
Quellen: Lebensmittellexikon, Brockhaus Ernährung, ndr.de, evu.de, vitaminb12.de, wala.de, zeit.de
(Foto: pixabay_jackmac34)
'Fleisch: Katzenjammer durch Krebsdiagnose' have 3 comments
28. Oktober 2015 @ 12:49 Sibylle
Danke für diesen interessanten Artikel. Besonders gut finde ich die Gegenüberstellung der Menge der Inhaltsstoffe. Denn mir war schon klar, dass in Gemüse auch wertvolle Vitamine enthalten sind :-), doch den direkten Vergleich hab ich so noch nicht gesehen.
28. Oktober 2015 @ 19:31 Arwén
Sibylles Dank und Kommentar schließe ich mich an. Solch direkte Vergleichsmöglichkeiten überzeugen. Ich teile diese Informationen mal mit meinen fleischliebenden Lieben. – Eine interessante Entscheidung der WHO.
28. Oktober 2015 @ 19:47 Carola
Super Artikel! Hoffe, dass sich die uralte, falsche Mär (wegen Eisen- und B12-Gehalt sind Fleisch- und Wurstwaren lebensnotwendig) bald in den Köpfen der Konsumenten ändert :o)